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RKI-Präsident Lothar Wieler: Schulen hätten offen bleiben können

Symbolfoto: Maximilian Scheffler

Hamburg. In seinem ersten Interview seit Bekanntgabe seines vorzeitigen Ausscheidens äußert sich der scheidende Präsident des Robert Koch-Instituts, Lothar Wieler, kritisch über Schulschließungen: „Es gab nie nur die Alternative: Entweder wenige Tote oder Schulen offen halten“, sagt Wieler in der aktuellen Ausgabe der Wochenzeitung DIE ZEIT. „Der vorhandene Spielraum ist während der ganzen Pandemie nicht ausreichend mit der nötigen Sorgfalt, Ruhe und Sachlichkeit betrachtet worden.“ Das RKI habe „immer Empfehlungen abgegeben, mit denen man den Betrieb in Schulen und Kitas hätte laufen lassen können, wenn auch unter Anstrengung.“

Wieler spricht sich für eine Aufarbeitung der Pandemie aus: „Als Wissenschaftler will ich wissen: Welche Maßnahmen waren adäquat, welche Kosten-Nutzen-Effekte gab es?“ Dies müsse fundiert geschehen, „als saubere Analyse.“

Forderungen, das RKI künftig institutionell unabhängig vom Bundesgesundheitsministerium aufzustellen, wie sie zuletzt der Virologe Hendrik Streeck im „Tagesspiegel“ erhoben hatte, erteilt Wieler eine klare Absage: Sollte das RKI institutionell unabhängig werden, „würden wir unsere entscheidende Funktion verlieren, nämlich eine gesetzlich legitimierte Schnittstelle von Wissenschaft zu Politikberatung zu sein“. Dies sei eine Stärke des deutschen Forschungssystems: „Die sollten wir nicht einfach aufgeben, weil es vielleicht gerade populär zu sein scheint. Wer so etwas fordert, hat für meine Begriffe das RKI nicht verstanden.“


Als eigenes Versäumnis nennt Wieler, er habe zu Beginn der Pandemie „nicht optimal kommuniziert“. Und weiter: „Ich hätte mehr Gespräche führen sollen, um diese komplexen Geschehnisse besser einzuordnen. Das habe ich zu wenig getan.“

Am 11. Januar hatte Lothar Wieler bekannt gegeben, dass er sein Amt als Präsident des Robert Koch-Instituts zum 1. April 2023 niederlegen werde. Er leitet die Einrichtung seit 2015.

PM/Die Zeit