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Melnyk fordert diplomatische Initiative in Ukraine-Krieg


Kiew (dts) – Ex-Botschafter Andrij Melnyk fordert eine diplomatische Initiative zur Beendigung des Kriegs in der Ukraine. „Ich hoffe immer noch, dass unsere Verbündeten zu der Erkenntnis kommen, dass die Ukraine viel stärker unterstützt werden muss, und zwar nicht nur militärisch, auch diplomatisch“, sagte er ntv.

In den vergangenen zwei Jahren hätte jedwede diplomatische Bemühung „praktisch gefehlt“. Mit welchem konkreten Ziel Gespräche mit Russland gesucht werden sollten, könne er nicht sagen, erklärte Melnyk und ergänzte: „Niemand in der Ukraine will diesen Krieg bis zum letzten Soldaten führen. Uns geht es darum, unsere Staatlichkeit zu bewahren. Das ist das A und O.“

Da es jedoch zum jetzigen Zeitpunkt keine direkten Gespräche zwischen der Ukraine und Russland geben könne, seien nun „neue, echte Impulse für Diplomatie“ von außen nötig, so Melnyk. „Da reicht es sicherlich nicht für Olaf Scholz, Putin anzurufen, sich seine Märchen und Lügen anzuhören, um danach zu sagen: Ok, ich habe es zumindest versucht, das macht gar keinen Sinn, das tue ich mir lieber nicht mehr an. Tschüss.“


Auf die Frage, ob der Bundeskanzler sich mit Putin treffen solle, antwortete Melnyk: „Warum sollte Herr Scholz sich nicht mit Putin treffen? Man muss ihn vielleicht nicht gerade nach Deutschland für ein Bier einladen oder selbst nach Moskau fliegen, aber auch im Kalten Krieg gab es Treffen, auf Island beispielsweise, wo man dann hinter geschlossenen Türen Tacheles gesprochen hat.“

Die Welt müsse sich nun Gedanken machen, wie man einen Zugang zur russischen Führung finde, sagte Melnyk. „Im Moment sieht Putin sich als der Stärkere, der die Oberhand gewinnen kann. Eine strategische diplomatische Initiative müsste versuchen, Putin herauszufordern und dabei auch den globalen Süden stärker einzubinden.“ Die Großmächte – die USA, Deutschland, Großbritannien, aber auch China, vielleicht Brasilien – seien heute aufgefordert, nicht abzuwarten, wie die große Schlacht ausgeht, sondern selbst aktiv zu werden.

Melnyk erinnerte an die Initiative der damaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel und des seinerzeitigen französischen Präsidenten François Hollande, deren Ergebnis im Februar 2015 die Minsker Vereinbarung war. Der Vergleich sei „sehr schwierig und wahrscheinlich nicht passend“, so der Diplomat: „Aber wenn man nüchtern zurückblickt, hat das Abkommen von Minsk schwarz auf weiß vorgesehen, dass Moskau all die besetzten Gebiete in den Regionen von Donezk und Luhansk bis zum Jahresende 2015 hätte zurückgeben müssen.“

Zudem habe das Abkommen der Ukraine „sieben Jahre gegeben, um stärker zu werden – stark genug, um auch die aktuelle großangelegte Aggression Russlands besser abwehren zu können“. Es hätte mehr präventive Aufrüstung geben müssen. „Aber das ist leider nicht geschehen, das ist vorbei. Die Lehren bleiben.“

Wichtig sei es, so Melnyk, dass der Westen verstehe, worum es in diesem Krieg gehe, nämlich nicht nur um das Existenzrecht der Ukraine: Putin wolle das westliche Lebensmodell von Demokratie, Freiheit und Menschenrechten zerstören. „Das ist sein größeres Ziel. Das bedeutet, gerade für die Deutschen, dass man viel mehr tun müsste, um Russland dabei zu stoppen.“ Das habe eine militärische Dimension, aber nicht nur. „Wir sind dankbar für den soliden Beitrag Berlins und froh über die wachsende Führungsrolle Deutschlands. Chapeau. Aber um Putin wirklich aufzuhalten, ihn in die Schranken zu weisen, müsste noch viel mehr getan werden.“ Deutschland habe sich auf die Seite der Ukraine gestellt und damit eine historische Wahl getroffen. Jetzt sollte es keine Zurückhaltung mehr geben, sagte Melnyk.

Dazu gehörten auch Taurus sowie deutsche Kampfjets wie Eurofighter und Tornado. Wichtig sei aber vor allem, dass militärische und finanzielle Hilfen für die Verteidigung und Befreiung der Ukraine zur eigenen Staatsräson würden. In diesem Jahr unterstütze die Bundesregierung die Ukraine aber bereits mit sieben Milliarden Euro für Waffen. „Das ist wirklich beeindruckend“, so Melnyk.

Foto: Ukrainische Flagge auf dem Parlament in Kiew (Archiv), via dts Nachrichtenagentur