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Für Demokratie und Menschlichkeit: Bissendorf bleibt bunt

Zum Abschluss der Demo bildeten die Beteiligten eine Menschenkette rund um das Bissendorfer Rathaus. Foto: Gemeinde Bissendorf

Bissendorf. Am vergangenen Freitag haben rund um das Rathaus in Bissendorf gut 350 Bürgerinnen und Bürger unter dem Motto „Bissendorf bleibt bunt“ gegen ein Erstarken extremistischer Kräfte und für eine offene Gesellschaft demonstriert. Höhepunkt der Kundgebung war eine Menschenkette rund um das Rathaus.

„Heute fast genau vor 75 Jahren, am 23. Mai 1949, wurde unser Grundgesetz, unsere Verfassung verkündet. Seit nun 75 Jahren leben wir hier in Freiheit und Sicherheit, in Gleichberechtigung und Selbstbestimmung. Diese wahnsinnige Erfolgsgeschichte ist bedroht“, stellte Thomas Grove, der gemeinsam mit Burkhard Glandorf zu der Demonstration aufgerufen hatte, fest. Grove zählte Menschen, die andere „remigrieren“ wollen, die den von Menschen gemachten Klimawandel leugnen, die die Gleichberechtigung der Frauen nicht respektieren, die andere Menschen mit einer Behinderung nicht integrieren oder die ihre Mitmenschen in Passdeutsche und „Biodeutsche“ einteilen wollen, als Gefahr für die Demokratie auf.

Wirklich bedroht sei die Demokratie aber erst dann, wenn die demokratische Mehrheit diese Demokratie nicht mehr verteidige, wenn sich die Demokraten nicht mehr einigen, wenn der Streit unter den Parteien dominiere und wenn der Streit die Lösungen verhindere. „Schon einmal hat Deutschland die Demokratie verloren. Auf vielen Demos der letzten Monate wurden Transparente gezeigt mit Sprüchen wie „Biete Nachhilfe in Geschichte: 1933-1945!“. Diese Plakate appellieren daran, aus der Geschichte zu lernen. Gut so! Aber 1933 war es schon zu spät. 1933 war die Partei, die ein Programm voller Hass, Gewalt, Rassismus und Antisemitismus hatte, die die Freiheit und Demokratie vernichten wollte, schon an der Macht“, so Grove.


Für Grove gilt daher „Nie wieder ist jetzt!“. Er wolle sich nicht von seinen Kindern und Enkelkindern fragen lassen „Warum hast du dich nicht für die Demokratie stark gemacht? Warum hast du nichts gesagt, wenn ein Nachbar menschenfeindliches Zeug erzählte, wenn eine Sportkameradin Verschwörungstheorien verbreitete, wenn weggeguckt wurde, obwohl Unrecht geschah?“

Bissendorfs Bürgermeister Guido Halfter bedankte sich bei den Teilnehmern, die aus verschiedensten Ortsteilen zum Rathaus gekommen waren, um Farbe zu bekennen: „Bissendorf ist offen gegenüber Fremden, die uns, wenn wir auf sie zugehen, schnell nicht mehr fremd sind. Wir stehen zu Vielfalt und Respekt vor anderen. Wir heißen Menschen, die hier Schutz suchen willkommen“.

Halfter nannte Demokratie als eine vielstimmige politische Form der offenen Gesellschaft. Damit immer wieder neue Wege gesucht werden können, müsse sie kein Gesangverein der Harmonie sein. Vielmehr sei sie ein großartiger und zugleich anstrengender Mannschaftssport, den es jeden Tag auf Neue zu trainieren gelte. Das erfordere Anstrengung und manchen Tropfen Schweiß. „Das ist ein nie enden wollender staatlicher Marathonlauf“, sagte er.
Die europäische Komponente beleuchtete Prof. Dr. Hans-Gert Pöttering. Der Präsident des EU-Parlaments a. D. und renommierte Europapolitiker lobte das schöne, bunte Bild, das sich ihm von der Brücke zwischen Rathaus und Haus Bissendorf, unterhalb des Kirchturms bot.

Pöttering bedankte sich bei Thomas Grove und Burkhard Glandorf dafür, dass sie mit der Demonstration „Bissendorf bleibt bunt“ Initiative für den Schutz unserer wertvollen demokratischen Werte ergriffen haben: „Wenn man das Gute verliert, wird man am Ende immer erst dann die Einsicht haben, was das Gute wert war, wenn man es verloren hat“, betonte der Gastredner und mahnte die Versammlungsteilnehmer in einer Zeit großer Gefährdung im Inneren jedem Extremismus zu widerstehen, um unsere Demokratie zu verteidigen.

Heimat, Vaterland, Europa und Verantwortung für die Welt – all das gehöre zusammen. Man dürfe nicht die eine Ebene gegen die andere ausspielen, sondern müsse zusammenarbeiten und immer wissen: „Wer nur seine Heimat sieht, der wird sie nicht schützen. Wer das eigene Land, die eigene Nation über alle Länder stellt, der wird zum Nationalisten. Und Nationalismus führt in der Regel zum Krieg.“

In diesem Sinne verwiesen alle Redner der Demo „Bissendorf bleibt bunt“ auf die Verkündung unseres Grundgesetzes am 23. Mai 1949, die sich in wenigen Tagen zum 75. Mal jährt. Die dahinterstehenden Werte von Frieden, Freiheit und Rechtstaatlichkeit gelte es in unsere Köpfe zurückzuholen und entschlossen zu verteidigen. Indem jeder einzelne von uns seine Stimme erhebe und sein Wahlrecht wahrnehme – das nächste Mal bei der Europawahl am 9. Juni 2024.
Mit Blick in die Vergangenheit und die deutsche Wiedervereinigung, aber auch in die Gegenwart und den russischen Angriffskrieg in der Ukraine, betonte Pöttering, dass die Freiheit am Ende stärker sei, als die wenigen Diktatoren und autoritären Herrscher. Die am 12. Dezember 2007 erfolgte Unterzeichnung der EU-Charta der Grundrechte mit der zentralen Botschaft „Die Würde des Menschen ist unantastbar“ bezeichnete der Mann von Welt aus Bad Iburg als wichtigste Unterschrift seines Lebens.

PM/Gemeinde Bissendorf